
Dr. Karin Ebel und Regine Wieland
Bislang gab es für Ehepaare keine Sonderregelung, wenn einer der Ehepartner handlungsunfähig wurde. Lag bei Eintritt der Handlungsunfähigkeit keine Vorsorgevollmacht vor, wurde ein Betreuungsverfahren durch das Amtsgericht eingeleitet. Mit Einführung des neuen Betreuungsrechts sieht das Bürgerliche Gesetzbuch nunmehr vor, dass im Fall der Handlungsunfähigkeit eines Ehepartners dessen Ehegatte berechtigt ist, ihn in Angelegenheiten der Gesundheitssorge zu vertreten (§ 1358 BGB). Dieses Notvertretungsrecht, das ab dem 1. Januar 2023 gilt, beinhaltet jedoch einige Tücken:
- Das Ehegatten-Notvertretungsrecht ist beschränkt auf die Gesundheitsfürsorge. Ein Vertretungsrecht bezüglich des Vermögens ist davon nicht umfasst. Wenn die Unterbringung in einem Einzelzimmer oder die Anwendung zusätzlicher medizinischer Leistungen veranlasst werden soll, deren Kosten nicht von Ihrer Krankenkasse übernommen werden, sollten Sie sicherstellen, dass ihr Ehepartner auch über ausreichende Mittel verfügt, um diese Zusatzleistungen für Sie um- bzw. durchsetzen zu können. Und auch alle sonstigen Vermögensangelegenheiten können durch das Ehegatten-Notvertretungsrecht nicht geregelt werden.
- Darüber hinaus ist das Ehegatten-Notvertretungsrecht zeitlich auf sechs Monate befristet. Sollte die schwere Erkrankung und die Genesung länger andauern, muss nach sechs Monaten trotzdem ein Betreuungsverfahren durch das Betreuungsgericht eingeleitet und ein amtlicher Betreuer eingesetzt werden. Dies kann nur durch das Vorliegen einer wirksamen Vorsorgevollmacht verhindert werden.
- Schließlich besteht die Gefahr des Missbrauchs insbesondere bei getrenntlebenden Ehegatten, den man gerade nicht mehr mit der Wahrnehmung der Interessen betraut wissen möchte. Die Notvertretung durch den Ehegatten können Sie nur dadurch verhindern, indem Sie eine Vollmacht an eine von Ihnen gewünschte Person erteilen.
Diese Einschränkungen zeigen, dass an der Erteilung einer Vorsorgevollmacht trotz des Notvertretungsrechts, nach wie vor kein Weg vorbeiführt, wenn Sie die Anordnung eines Betreuungsverfahrens vermeiden und die vollumfängliche Vertretung Ihrer Rechte im Notfall durch eine Person Ihres Vertrauens sichern wollen,.
Unser Rat an Sie lautet deshalb: Übernehmen Sie höchst persönlich die Verantwortung für Ihre eigenen Interessen, indem Sie für den Fall, dass Sie Ihre Rechte nicht mehr selbst wahrnehmen können, zumindest selbst die Person bestimmen, die dann in Angelegenheiten der Vermögens- und Gesundheitsfürsorge für Sie eintritt, anstatt diese Entscheidung dem Rechtspfleger zu überlassen. Darüber hinaus können Sie dieser Person und den Sie behandelten Ärzten im Rahmen der Vorsorgevollmacht auch Leitlinien für deren Ausübung mitgeben, etwa in Form einer Patientenverfügung.
Sollte das Gericht dennoch ein Betreuungsverfahren oder eine Kontrollbetreuung aus nicht vorhersehbaren Gründen für erforderlich halten, so kann die Vollmacht vorsorglich um eine Betreuungsverfügung ergänzt werden.
Dieser Rat gilt übrigens genauso für die Wahrnehmung Ihrer Interessen hinsichtlich Ihres Vermögens und Ihrer Rechte als Unternehmer bzw. Anteilseigner eines Unternehmens. Beide Bereiche sind von dem Ehegatten-Notvertretungsrecht nicht umfasst. Sollten Sie hierfür noch keine Vollmacht erteilt haben, werden Sie im Notfall nicht um die Anordnung eines Betreuungsverfahrens durch das Amtsgericht und die damit verbunden Folgen umhinkommen.[1] Sie haben also die Wahl für den Fall Ihrer Handlungsunfähigkeit zu entscheiden : selbstbestimmt mit einer Vorsorgevollmacht diesen Notfall zu regeln oder die Folgen den Betreuungsgericht zu überlassen.
[1] s. „Das Familienunternehmen im Notfall“, von Dr. Karin Ebel, Regine Wieland und Ursula Merckle